Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen, per Mail am 10. Juni 2018
Dauerhaftes Wohnen im Sonderbaugebiet „Oybaum“ in Kalkar
Frau Ministerin Scharrenbach,
wir appellieren an Sie als unsere Heimatministerin des Landes NRW, erhalten Sie unsere Heimat!
Wir sind keine „Laubenpieper“, wir wohnen nicht in Mobilheimen oder Chalets, wir sind kein Campingplatz.
Wir leben in Einfamilienhäusern, ganz durchschnittlichen Einfamilienhäusern. Mit Diele, Wohn- und Esszimmer, Schlafräumen, Küche, Bad und auch Gäste-WC.
Wir haben uns nicht einfach so in unseren Einfamilienhäusern eingenistet, wir haben uns nicht gesetzeswidrig verhalten, wir leben hier im Oybaum nicht illegal.
Wir haben uns vor Errichtung unserer Eigenheime gesetzestreu an die Stadt Kalkar gewandt und um Klärung unseres rechtlichen Standes im Oybaum gebeten. Seitens der Stadt Kalkar wurde den Grundstückserwerbern zugesichert, dass sie sich mit 1. Wohnsitz anmelden können. Seitdem werden wir von der Stadt Kalkar alle zur Zahlung der Grundsteuer für ein Einfamilienhaus herangezogen. Kann man den Käufern und Besitzern der Einfamilienhäuser im Oybaum unterstellen, dass jeder wissen muss, dass sich Melderecht und Baurecht unterscheiden???
Die Stadt Kalkar hat sogar Bescheinigungen erstellt, in denen den Eigentümern mehrerer Einfamilienhäuser die dauerhafte Nutzung bauordnungsrechtlich gestattet ist. Frage: Ist es nach Ihrer Meinung klar, dass einem Normalbürger der Unterschied zwischen Bauordnungsrecht und Bauplanungsrecht bekannt sein muss?? Hätten Sie es gewusst?
Die Stadt Kalkar hat in den Jahren 1997 bis 2002 – in diesem Zeitraum sind weit über 50 % aller Einfamilienhäuser gebaut worden – rechtswidrige Baugenehmigungen erteilt. 1997 war geplant das Gebiet in ein Ferienhausgebiet umzuwandeln, so dass größere Einfamilienhäuser entstehen könnten, die Planung wurde seinerzeit aber nicht umgesetzt. Somit ist die Stadt Kalkar dafür verantwortlich! Kein Bauherr der Einfamilienhäuser hätte im Oybaum gebaut. Selbst Statiker, Bauunternehmer, Unternehmer, Architekten auch Juristen und Doktoren wurden durch die Behörden getäuscht und haben sich im Oybaum niedergelassen.
Die Bauherren und Eigentümer der Einfamilienhäuser haben sich auf die Genehmigung der Stadt Kalkar und des Kreises Kleve verlassen. Jetzt werden diese bestraft, weil sie im guten Glauben meinten sich an Gesetz und Ordnung gehalten zu haben.
Wir leben hier im Oybaum in einem voll erschossenen Baugebiet mit allen Leistungen:
- Ortseingangsschild
- Gas-, Strom-, Wasserversorgung, Kanalanschluss
- Müllabfuhr, Kanalreinigung, Straßenreinigung, Winterdienst
- Straßenausbau, Straßenbeleuchtung
- Infrastruktur, Anbindung an Kalkar und Appeldorn
- Busanbindung, tägliche Briefzustellung
- Internetleitung, besser als im Ortskern Kalkar (60.000 Leitung)
- Gebühren und Abgaben für ein Einfamilienhaus
Die Bewohner des Oybaums sind im öffentlichen Leben der Stadt Kalkar voll integriert, unsere Kinder gehen hier zum Kindergarten und zur Schule. Wir beteiligen uns aktiv in Vereinen und im Rat der Stadt Kalkar.
Wir leben im Kreis Kleve. Im Kreisgebiet sind so gut wie fast keine Baugrundstücke mehr zu erwerben, im Stadtgebiet Kleve wird sogar schon erwogen, Gartenland zu enteignen und zu Baugrundstücken zu erschließen.
Trotz all dem sollen im Oybaum über 125 Einfamilienhäuser, der Lebensraum für weit über 250 Menschen vernichtet werden?
Wir haben die Flüchtlingskrise, wir haben den Familiennachzug, wir haben Altersarmut. Die Kanzlerin ruft dazu auf, dass über 1,5 Millionen Wohnungen gebaut werden müssen, das Baukindergeld wurde rückwirkend zum 01.01.2018 eingeführt. Im Oybaum wären sogar noch 10 Baugrundstücke frei.
Wo bleibt für uns als Bewohner des Oybaums die soziale Gerechtigkeit? Unsere Einfamilienhäuser werden entwertet – Wohnraum, der dringend notwendig ist, wird vernichtet. Familien mit Kindern bekommen für ihre Immobilie keine Anschlussfinanzierung, ihnen droht die Verschuldung und soziale Armut. Bewohner haben ihre Immobilie als Altersvorsorge errichtet bzw. gekauft; ihnen allen droht der finanzielle Ruin und damit verbunden der soziale und gesellschaftliche Abstieg.
Frau Ministerin Scharrenbach, wir appellieren an Sie als unsere Heimatministerin und Mensch, erhalten Sie uns unseren Wohnraum und unsere Heimat. Jeden Tag werden Gesetze geändert und neu erlassen. Im Zuge der Neugestaltung des Landesentwicklungsplanes NRW gibt es doch sicherlich eine Möglichkeit, das Sonderbaugebiet Oybaum in ein legales Wohngebiet umzuwandeln, zumal keinerlei Kosten oder Nachteile für Dritte entstehen würden.
Es kann doch nicht in Ihrem Interesse sein, dass über 250 Menschen ihre Heimat verlieren und völlig unverschuldet in die soziale Armut getrieben werden.
Wir als Bewohner des Oybaums haben uns bewusst dazu entschieden, ländlich zu leben und den Landschafts- und Naturschutz aktiv zu unterstützen, zu achten und zu pflegen. Wir haben uns immer als ein Ortsteil der Stadt Kalkar gesehen.
Frau Ministerin Scharrenbach, Sie fordern als NRW-Bauministerin vom Bund Unterstützung ein, um im Land NRW die Wohnungsnot zu bekämpfen. Im Zuge dieser Wohnraumoffensive möchte NRW die Chance bekommen, möglichst viel zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Schaffen Sie uns nicht ab, helfen Sie uns, unseren Wohnraum zu erhalten und zu legalisieren.
Auch im Kreis Kleve gibt es kaum noch Baugrundstücke. Nach Einschätzung von Experten soll mindestens bis zum Jahre 2040 mit einer steigenden Nachfrage nach Wohnungen zu rechnen sein.
Und hier am „Oybaum“ in Kalkar sollen ohne mit den Wimpern zu zucken 125 Einfamilienhäuser mit Wohnraum für über 250 Menschen vernichtet werden. Wo sollen wir hin?
Frau Ministerin Scharrenbach, bitte helfen Sie als unsere Heimatministerin uns unser Zuhause zu erhalten und unseren Wohnraum nicht zu vernichten. Nutzen Sie die Überarbeitung des Landesentwicklungsplanes und wandeln das Sonderbaugebiet Oybaum in ein reines Wohnbaugebiet um.
Bitte besuchen Sie uns und überzeugen Sie sich selbst von unserem Zuhause.
Claudia Michels, Dirk Grieß
An der Gracht 10, 47546 Kalkar
Hier das „standardisierte“ Antwortschreiben des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 4. Juli 2018 mit dem Verweis auf den Erlass aus dem Jahre 2008 und die daraus resultierenden Konsequenzen mit dem Ziel, mittelfristig baurechtsgemäße Zustände herzustellen . Zitat: „Das von Ihnen vorgetragene Interesse an der Legalisierung der dauerhaften Wohnnutzung im Wochenendhausgebiet „Oybaum“ in Kalkar wird nicht verkannt. Eine unbefristete Duldung nicht genehmigungsfähiger baulicher Anlagen kann jedoch nicht in Betracht kommen, denn sie kämen einer Genehmigung gleich.“ Eine Auseinandersetzung mit der Situation vor Ort findet nicht statt.